Rückforderung einer Zuwendung vom Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft

BGH, Urteil v. 06.05.2014, X ZR 135/11
Leitsatz:
1. Die Zuwendung eines Vermögenswerts, die der Absicherung des anderen Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft für den Fall dienen soll, dass der Zuwendende während des Bestands der Lebensgemeinschaft verstirbt, ist regelmäßig keine Schenkung, sondern eine gemeinschaftsbezogene Zuwendung.

2. Die Zuwendung kann wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückzugewähren sein, wenn die Lebensgemeinschaft nach der Zuwendung scheitert. (amtlicher Leitsatz)

Tatbestand:
Der Kläger verlangt Rückzahlung einer Zuwendung, die er an die zwischenzeitlich verstorbene vormalige Beklagte (nachfolgend: die Beklagte) während der Dauer einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft geleistet hat.

Die Parteien lebten ab 2003 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Der Kläger war Inhaber eines Sparbriefs in Höhe von 50.000 €. Im Mai 2007 begaben sich die Parteien auf eine mehrmonatige gemeinsame Europareise. Am 9. Mai 2007, kurz vor der geplanten Abreise, veranlasste der Kläger die Teilung des Sparbriefs. Am 10. Mai 2007 errichtete der Kläger ein notarielles Testament, in dem er die Beklagte mit einem Vermächtnis von 15.000 € bedachte, verbunden mit der Auflage, ihn orts- und standesüblich zu beerdigen und die Grabstätte in ortsüblicher Weise zu pflegen. Anfang Oktober 2008 zog die Beklagte aus der Wohnung des Klägers aus. Dieser forderte sie nach der Trennung erfolglos auf, den auf ihren Namen lautenden Sparbrief zurückzugeben.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht nach erneuter Beweisaufnahme die Klage abgewiesen.

Entscheidungsründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichts und Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Der Bundesgerichtshof ist der Auffassung, dass es sich bei der Übertragung des Sparbriefguthabens auf die Beklagte um eine unbenannte Zuwendung im Rahmen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft handelte.

ach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine Schenkung unter Ehegatten vor, wenn die Zuwendung nach deren Willen unentgeltlich im Sinne echter Freigiebigkeit erfolgt und nicht an die Erwartung des Fortbestehens der Ehe geknüpft, sondern zur freien Verfügung des Empfängers geleistet wird. Demgegenüber handelt es sich um eine ehebezogene Zuwendung, wenn ein Ehegatte dem anderen einen Vermögenswert um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung und Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft zukommen lässt, wobei er die Vorstellung oder Erwartung hegt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben und er innerhalb dieser Gemeinschaft am Vermögenswert und dessen Früchten weiter teilhaben werde. Die Zuwendung führt mithin nicht zu einer frei disponiblen Bereicherung (BGH, Urteil vom 9. Juli 2008 - XII ZR 179/05, BGHZ 177, 193 Rn. 16). Dass die Zuwendung in diesem Sinn der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen sollte, bedarf der tatrichterlichen Feststellung (BGH, Urteil vom 13. November 2012 - X ZR 80/11, NJW-RR 2013, 618 = MDR 2013, 138 Rn. 8; Urteil vom 28. März 2006 - X ZR 85/04, NJW 2006, 2330). Für Zuwendungen zwischen den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelten die gleichen Grundsätze.

Mit der Übertragung des Sparbriefs, mit der der Kläger der Beklagten zu seinen Lebzeiten einen beträchtlichen Teil seines damaligen Geldvermögens zugewandt hat, wollte er seine Lebensgefährtin für einen denkbaren Unglücksfall absichern. Der zugewandte Betrag war nicht zur freien Verfügung und nicht zum Verbrauch bestimmt, sondern diente der Vorsorge für den Lebensunterhalt seiner Partnerin, sollte die Lebensgemeinschaft unvorhergesehen durch den Tod des Klägers enden. Die Zuwendung sei ein Akt der über den für möglich gehaltenen Tod hinausreichenden Solidarität unter den Lebensgefährten gewesen und habe deren Bindung aneinander gestärkt. In diesem Sinne kam der zugewendete Gegenstand der Lebensgemeinschaft und auch dem Kläger selbst im Zusammenleben mit der Beklagten zugute.

Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass vorliegend die Geschäftsgrundlage für die Zuwendung weggefallen sei. Ein Ausgleichsanspruch aufgrund Wegfalls der Geschäftsgrundlage komme bei gemeinschaftsbezogenen Zuwendungen sonach in Betracht, soweit diesen die Vorstellung oder Erwartung zugrunde lag, die Lebensgemeinschaft werde Bestand haben (BGH, Urteil vom 6. Juli 2011 - XII ZR 190/08, NJW 2011, 2880 Rn. 19).

Für die nichteheliche Lebensgemeinschaft der Parteien sei es gerade typisch, dass die Partner nach ihren jeweiligen Möglichkeiten zum Lebensunterhalt beitragen. Dass der Kläger die Zuwendung "Schenkung" genannt hat, besage nichts gegen ihre rechtliche Qualifikation als gemeinschaftsbezogene Zuwendung.

Mit dem Scheitern der Lebensgemeinschaft ist die Grundlage für das weitere Behaltendürfen des Sparbriefguthabens durch die Beklagte weggefallen. Der Kläger konnte von dem Vertrag, mit dem er der Beklagten das Sparguthaben übertragen hat, zurücktreten und die Rückgewähr des Geleisteten und gegebenenfalls Ersatz dessen Wertes verlangen (§ 313 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, § 346 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB).

Der gemeinschaftsbezogene Zweck einer Zuwendung hat allerdings nicht notwendig zur Folge, dass die Zuwendung bei Scheitern der Beziehung auszugleichen ist. Insbesondere bei Beiträgen zu laufenden Kosten, die im täglichen Leben regelmäßig anfallen oder durch größere Einmalzahlungen beglichen werden, scheidet ein Ausgleich regelmäßig aus (BGHZ 177, 193 Rn. 40).

Die Lebensgemeinschaft hat auch nicht so lange gedauert, dass aus einer langjährigen engen persönlichen Bindung eine moralische Verpflichtung des Klägers hätte resultieren können, der Beklagten den Vermögenswert der Zuwendung auch bei Scheitern der Beziehung zu überlassen.