BGH, Urteil v. 27.02.2015, V ZR 128/14
Leitsatz:
Eine Prozessführungsermächtigung kann mit materiell-rechtlicher Wirkung auch während des Rechtsstreits widerrufen werden, solange zur Durchsetzung des Rechts noch Prozesshandlungen des Prozessstandschafters geboten sind. Erfolgt der Widerruf nach dem Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten, bleibt er verfahrensrechtlich allerdings ohne Auswirkungen auf die Prozessführungsbefugnis des Klägers, sofern nicht der Beklagte einer Abweisung der Klage als unzulässig zustimmt. (amtlicher Leitsatz)
Tatbestand:
Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung in einem aus zwei Eigentumswohnungen bestehenden Haus. Die andere Wohnung steht im Alleineigentum des Nebenintervenienten. Das Haus dieser Wohnungseigentümergemeinschaft (nachfolgend: kleine Wohnungseigentümergemeinschaft) ist an die zentralen Versorgungs- und Entsorgungseinrichtungen, insbesondere an die Heizungs- und Warmwasserbereitungsanlage der Beklagten, einer benachbarten Wohnungseigentümergemeinschaft, angeschlossen.
Die Kläger wollten ursprünglich festgestellt wissen, dass das Grundstück, auf dem sich ihre Eigentumswohnung befindet, keinem Anschluss- und Benutzungszwang unterliegt, hilfsweise, dass jedenfalls ihr Wohnungseigentum einem solchen Zwang nicht unterworfen ist. Das Landgericht hat dem Hilfsantrag stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung der klägerischen Anschlussberufung die Klage insgesamt abgewiesen. Diese Entscheidung hat der Senat durch Urteil vom 19. Juli 2013 (V ZR 109/12, NJW-RR 2014, 326) aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Die Kläger verfolgen nur noch den Hauptantrag, nunmehr bezogen auf die kleine Wohnungseigentümergemeinschaft, weiter. Der Nebenintervenient ist dem Verfahren auf Seiten der Beklagten beigetreten. Das Oberlandesgericht hat die Klage unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Kläger erneut abgewiesen und deren Antrag, die Nebenintervention durch Zwischenurteil zurückzuweisen, nicht entsprochen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Hauptantrag und den Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention weiter. Die Beklagte und der Nebenintervenient beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hält die Klage mangels Prozessführungsbefugnis der Kläger für unzulässig. Sie nähmen mit ihrem Hauptantrag eine Verwaltungsangelegenheit der Wohnungseigentümergemeinschaft wahr und machten einen Anspruch geltend, dessen prozessuale Durchsetzung nicht dem einzelnen Wohnungseigentümer, sondern dem Verband der Wohnungseigentümer unterliege. Insoweit sei zwar ein schutzwürdiges Eigeninteresse der Kläger an der Prozessführung gegeben; sie seien auch durch den Nebenintervenienten als nunmehr unstreitig einzigen weiteren Wohnungseigentümer zur Prozessführung im eigenen Namen mit Schreiben vom 2. März 2010 wirksam ermächtigt worden. Die Ermächtigung habe der Nebenintervenient aber mit Schreiben vom 23. August 2013 ausdrücklich zurückgenommen. Hierin liege ein wirksamer Widerruf der Ermächtigung mit der Folge, dass die Klage unzulässig geworden sei. Zwar müsse bei der Frage, ob und inwieweit eine Ermächtigung während des Prozesses widerrufen werden könne, der Schuldnerschutz in den Blick genommen werden, weil die Widerrufsmöglichkeit den Prozessgegner der Gefahr des willkürlichen Entzugs einer Sachentscheidung aussetze. Eines solchen Schutzes bedürfe es zugunsten der Beklagten aber nicht, nachdem diese hierauf verzichtet und in Kenntnis der Problematik ausdrücklich die Abweisung der Klage als unzulässig beantragt habe.
II. Die Revision ist unzulässig, soweit die Kläger den Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention weiterverfolgen. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.
1. Die Entscheidung über die Zulassung des Nebenintervenienten, die - wie hier geschehen - auch mit dem Endurteil im Hauptverfahren verbunden werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 1963 - V ZR 132/61 , NJW 1963, 2027), ist gemäß § 71 Abs. 2 ZPO mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Da diese aber nach § 567 Abs. 1 ZPO nur gegen im ersten Rechtszug ergangene Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte statthaft ist, sind Entscheidungen des Oberlandesgerichts über Anträge auf Zurückweisung einer Nebenintervention unanfechtbar (BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2012 - I ZB 7/12, NJW-RR 2013, 490 Rn. 7 ff.; Senat, Urteil vom 15. März 2013 - V ZR 156/12, WM 2013, 989 Rn. 14 - insoweit in BGHZ 197, 61 nicht abgedruckt).
2. Die im Übrigen zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klage sei wegen Fehlens der Prozessführungsbefugnis der Kläger unzulässig, hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
a) Mit dem Antrag auf Feststellung, dass die kleine Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber der Beklagten keinem schuldrechtlichen Anschluss- und Benutzungszwang unterliegt, machen die Kläger einen Anspruch des Verbandes der Wohnungseigentümer geltend (§ 10 Abs. 6 Satz 2 WEG). Für die Geltendmachung eines fremden Rechts im eigenen Namen bedarf es zum einen einer entsprechenden Ermächtigung des Berechtigten und zum anderen eines eigenen schutzwürdigen Interesses des Prozessstandschafters an der Durchsetzung des Rechts. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat der Senat als Revisionsgericht selbständig von Amts wegen zu prüfen, ohne an die Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden zu sein (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1999 - VIII ZR 78/98, NJW 2000, 738 mwN).
b) Das von dem Berufungsgericht bejahte schutzwürdige Eigeninteresse der Kläger an der Prozessführung ist gegeben. Es folgt sowohl aus der von den Klägern hinsichtlich ihres Wohneigentums erwarteten deutlichen Wertsteigerung für den Fall, dass die Wohnanlage nicht mehr dem Versorgungsverbund mit der Beklagten unterliegt, als auch aus der mit einer rechtlichen Loslösung der kleinen Wohnungseigentümergemeinschaft vom Versorgungsverbund gewonnenen Dispositionsfreiheit.
c) Das Schreiben des Nebenintervenienten vom 2. März 2010 enthält eine wirksame Ermächtigung der Kläger zur Prozessführung für die kleine Wohnungseigentümergemeinschaft im eigenen Namen.
aa) Der darin enthaltene Vorbehalt "hinsichtlich der zu ziehenden Konsequenzen erst nach rechtskräftigem Verfahrensausgang zu entscheiden", steht der Wirksamkeit der Ermächtigung entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht entgegen. Denn er bringt keine Einschränkung der Berechtigung zur Prozessführung, sondern lediglich den Wunsch des Nebenintervenienten zum Ausdruck, nach einem erfolgreichen Ausgang des Prozesses über das weitere Vorgehen der kleinen Wohnungseigentümergemeinschaft, etwa über eine Kündigung des Versorgungsverhältnisses, gesondert zu befinden.
bb) Ohne Auswirkungen bleibt auch, dass die Ermächtigung nicht auf einem Beschluss der Wohnungseigentümer beruht.
(1) An einer Beschlussfassung fehlt es. Die Ermächtigung war nach dem festgestellten Sachverhalt nicht Gegenstand einer Eigentümerversammlung (§ 23 Abs. 1 WEG). Das schriftliche Einverständnis des Nebenintervenienten kann auch nicht als Zustimmung zu einem gemäß § 23 Abs. 3 WEG gefassten Beschluss angesehen werden. Nach dieser Vorschrift ist ein Beschluss zwar auch ohne Versammlung gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung hierzu schriftlich erklären. Eine solche Beschlussfassung setzt aber eine unmissverständliche Initiative und damit das Bewusstsein der Wohnungseigentümer voraus, einen verbindlichen Beschluss zu fassen (vgl. OLG Celle, NZM 2006, 784 [OLG Celle 08.06.2006 - 4 W 82/06]; Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 23 Rn. 106; Schultzky in Jennißen, 4. Aufl., § 23 Rn. 129). Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich.
(2) Eine Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen des Verbandes muss jedoch nicht zwingend in Gestalt eines (Mehrheits-)Beschlusses der Wohnungseigentümer erteilt werden. Sie kann auch in der Zustimmung aller Wohnungseigentümer zu einer Klageerhebung durch einzelne Wohnungseigentümer liegen (vgl. Senat, Urteil vom 24. Juni 2005 - V ZR 350/03, NJW 2005, 3146, 3147). Dabei kann die Zustimmung in der gemeinsamen Erhebung der Klage zum Ausdruck kommen (vgl. Senat, Urteil vom 24. Juni 2005 - V ZR 350/03, aaO) oder gegenüber dem klagenden Wohnungseigentümer erklärt werden. Bei einer zweigliedrigen Wohnungseigentümergemeinschaft, wie sie hier gegeben ist, genügt es daher, wenn der eine Wohnungseigentümer den anderen zur Geltendmachung von Ansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft ermächtigt.
(3) Da die Ermächtigung nicht durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer erteilt wurde, bedurfte es keines Beschlusses zu ihrer Aufhebung. Anders als die Revision meint, kommt es deshalb nicht darauf an, dass die von einem Wohnungseigentümer in einer Eigentümerversammlung abgegebene Stimme nach ihrem Zugang bei dem Versammlungsleiter nicht mehr widerrufen werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 13. Juli 2012 - V ZR 254/11, NJW 2012, 3372, Rn. 8).
d) Die Voraussetzungen für eine Prozessstandschaft müssen (noch) im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1999 - VIII ZR 78/98, NJW 2000, 738, 739). Da der Nebenintervenient seine Ermächtigung zur Prozessführung durch die Kläger vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht materiell-rechtlich wirksam widerrufen und die Beklagte sich mit der Abweisung der Klage als unzulässig einverstanden erklärt hat, sind die Voraussetzungen der zunächst gegebenen gewillkürten Prozessstandschaft der Kläger entfallen.
aa) Ob die von dem Rechtsinhaber erteilte Prozessermächtigung während eines laufenden Prozesses widerrufen werden kann und welche Auswirkungen ein solcher Widerruf auf die Zulässigkeit der Klage hat, ist allerdings bislang nicht hinreichend geklärt.
(1) Der Senat hat in einer älteren Entscheidung ohne weitere Differenzierung den Widerruf als jederzeit möglich angesehen (Urteil vom 12. Juli 1985 - V ZR 56/84, NJW-RR 1986, 158). Dem haben sich andere Senate des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 7. Juli 1993 - IV ZR 190/92, BGHZ 123, 132, 135; BGH, Beschluss vom 11. März 2014 - VIII ZR 31/14, NJW 2014, 1970 Rn. 8 [BGH 11.03.2014 - VIII ZR 31/13] : "grundsätzlich"; im Ergebnis wohl auch BGH, Urteil vom 22. Dezember 1988 - VII ZR 129/88 , NJW 1989, 1932) und auch Teile der Literatur angeschlossen (vgl. PG/Gehrlein, ZPO, 6. Aufl., § 50 Rn. 39; im Ergebnis ebenfalls für die Möglichkeit eines jederzeitigen Widerrufs Musielak/Weth, ZPO, 12. Aufl., § 51 Rn. 26 und Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 36. Aufl., § 51 Rn. 33 u. 38).
(2) Demgegenüber soll sich nach Auffassung des VI. Zivilsenats und weiter Teile der Literatur der Widerruf einer rechtswirksam erteilten Ermächtigung während des gerichtlichen Verfahrens auf ihren Fortbestand nicht auswirken (BGH, Urteil vom 19. September 1995 - VI ZR 166/94 , NJW 1995, 3186, 3187; MüKoZPO/Lindacher, 4. Aufl., Vorbem. zu § 50 Rn. 56; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., Vor § 50 Rn. 45; BeckOK-ZPO/Hübsch, Stand 1. Januar 2015, § 51 Rn. 48; Rosenberg, JZ 1952, 137; Staudinger/Gursky, BGB [2014], § 183 Rn. 12; MüKoBGB/Bayreuther, 6. Aufl., § 183 Rn. 13; Palandt/Ellenberger, BGB, 74 Aufl., § 183 Rn. 1; Soergel/Leptien, BGB, 13. Aufl., § 183 Rn. 3). In diesem Sinne hat auch das Reichsgericht entschieden (RGZ 164, 240, 242).
(3) Schließlich findet sich in der Literatur die Meinung, dass zwar der Widerruf auch nach Klageerhebung wirksam sei, allerdings müsse zum Schutz des Prozessgegners entweder der Prozess in analoger Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO zwischen den bisherigen Parteien weitergeführt oder aber ein gesetzlicher Parteiwechsel von dem Prozessstandschafter auf den Rechtsinhaber gemäß § 239 ff. ZPO analog angenommen werden (vgl. Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 485 f.).
bb) Richtigerweise bestimmt sich die Wirksamkeit des Widerrufs einer Ermächtigung zur Prozessführung zunächst nach den materiell-rechtlichen Grundlagen der Ermächtigung.
(1) Die Qualifizierung der Ermächtigung zur Geltendmachung eines fremden Rechts im eigenen Namen als Prozesshandlung (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 1998 - VII ZR 129/88, NJW 1989, 1932, 1933; Stein/ Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., Vor § 50 Rn. 56 mwN; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., Vor § 50 Rn. 45) ändert nichts daran, dass sich Erteilung, Bestand und Willensmängel der Ermächtigung mangels näherer Regelung in der Zivilprozessordnung grundsätzlich nach den Vorschriften des Rechtsgebiets richten, dem das streitige Recht angehört, im Zivilprozess also regelmäßig nach bürgerlichem Recht (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1999 - VIII ZR 78/98, NJW 2000, 738, 739; Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., Vor § 50 Rn. 56, Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., Vor § 50 Rn. 45; Musielak/Weth, ZPO, 12. Aufl., § 51 Rn. 26; PG/Gehrlein, ZPO, 6. Aufl., § 50 Rn. 39; BeckOK-ZPO/Hübsch, Stand 1. Januar 2015, § 51 Rn. 47).
(a) Materiell-rechtlich ist die Ermächtigung zur Prozessführung mit einer Verfügungsermächtigung gemäß § 185 Abs. 1 BGB vergleichbar (ebenso Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 36. Aufl., § 51 Rn. 33). Diese legitimiert einen Nichtberechtigten zur Verfügung über einen fremden Gegenstand im eigenen Namen. Sie ist funktional und systematisch mit der unmittelbaren Stellvertretung verwandt, da beide es ermöglichen, unmittelbar auf den Rechtskreis eines anderen einzuwirken. Sie unterscheiden sich allerdings darin, dass der Ermächtigte im eigenen Namen auftritt, während bei der Stellvertretung ausschließlich der Vertretene Geschäftspartei ist (MüKoBGB/Schramm, 6. Aufl., Vorbem. Vor §§ 164 bis 181, Rn. 39). Die Prozessführungsermächtigung berechtigt den Ermächtigten zur Durchsetzung eines fremden Rechts im eigenen Namen. Diese Ähnlichkeit zwischen Verfügungsermächtigung und Prozessführungsermächtigung rechtfertigt es, die Regelung über die Widerruflichkeit einer Verfügungsermächtigung (§ 183 BGB) auch auf die Prozessführungsermächtigung anzuwenden (im Ausgangspunkt ebenso RGZ 164, 240, 242 sowie Staudinger/Gursky, BGB [2014], § 183 Rn. 12; MüKoBGB/Bayreuther, 6. Aufl., § 183 Rn. 13; Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 183 Rn. 1).
(b) Hieraus folgt aber nicht, dass eine Prozessführungsermächtigung nur bis zur Erhebung der Klage widerrufen werden kann. Die Einwilligung ist ebenso wie die Vollmacht (§ 168 Satz 2 BGB) frei widerruflich, soweit sich nicht aus dem Gesetz oder aus dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis ein anderes ergibt (vgl. MüKoBGB/Bayreuther, 6. Aufl., § 183 Rn. 9 mwN). Die Widerruflichkeit einer Ermächtigung endet erst mit der Vornahme des Hauptgeschäfts (§ 183 Satz 1 BGB). Insoweit kommt es auf dessen vollständige Verwirklichung an; bei mehraktigen Verfügungsgeschäften ist der Widerruf bis zu dem Zeitpunkt möglich, in dem das letzte Teilstück des Rechtsgeschäfts vorgenommen wird (vgl. MüKoBGB/Bayreuther, 6. Aufl., § 183 Rn. 12; Staudinger/Gursky, BGB [2014], § 183 Rn. 10; Bamberger/Roth/Bub, BGB, 3. Aufl., § 183 Rn. 3).
Bei einer Prozessführungsermächtigung ist Hauptgeschäft die gerichtliche Durchsetzung eines Rechts. Demgemäß umfasst eine Prozessführungsermächtigung nicht nur die Einleitung eines Rechtsstreits, sondern dessen Führung insgesamt. Zur Durchsetzung des Rechts genügt in den wenigsten Fällen die Erhebung der Klage. Um das erstrebte Ziel - eine verbindliche Entscheidung über den materiellen Anspruch - zu erreichen, sind regelmäßig vielfältige weitere Maßnahmen und Erklärungen des Prozessstandschafters notwendig (z.B. Antragstellung in der mündlichen Verhandlung, Beweisantritte, Rechtsmitteleinlegung). Dies hat zur Folge, dass eine Prozessführungsermächtigung mit materiell-rechtlicher Wirkung auch während des Rechtsstreits widerrufen werden kann, solange zur Durchsetzung des Rechts noch Prozesshandlungen des Prozesstandschafters geboten sind. Etwas anderes gilt nur, wenn sich aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis Abweichendes, z.B. die Unwiderruflichkeit der Ermächtigung, ergibt.
(2) Ein hiernach im Verhältnis zwischen dem Rechtsinhaber und dem Ermächtigten materiell-rechtlich wirksamer Widerruf der Prozessführungsermächtigung führt allerdings nicht in jedem Fall zur Unzulässigkeit der Klage.
(a) Erfolgt der Widerruf nach dem Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten, bleibt er verfahrensrechtlich allerdings ohne Auswirkungen auf die Prozessführungsbefugnis des Klägers, sofern nicht der Beklagte einer Abweisung der Klage als unzulässig zustimmt. Das folgt aus den Grundsätzen über den Widerruf von Prozesshandlungen.
(aa) Prozesshandlungen sind wegen ihrer prozessgestaltenden Wirkung grundsätzlich unwiderruflich, wenn sie als so genannte Bewirkungshandlungen die Prozesslage unmittelbar beeinflussen, wie dies etwa bei der Rücknahme der Klage oder der Rücknahme eines Rechtsmittels der Fall ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juli 2013 - VII ZB 35/12 , [...] Rn. 1; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., Vor § 128 Rn. 18 mwN). Der Ermächtigung eines Dritten zur Prozessführung kommt eine derartige prozessgestaltende Funktion allerdings nicht zu, vielmehr dient sie - wie beispielsweise auch die Erteilung einer Prozessvollmacht - der Vorbereitung des unmittelbar prozessbezogenen Geschehens (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., Vor § 128 Rn. 211).
(bb) Prozesshandlungen, deren bezweckter Erfolg erst auf Grund eines Tätigwerdens des Gerichts eintritt (so genannte Erwirkungshandlung, vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., Vor § 128 Rn. 14 mwN), und zu denen auch die Prozessführungsermächtigung gezählt werden kann, sind dagegen widerruflich, solange durch sie keine geschützte Position der Gegenseite entstanden ist (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 23. Aufl., vor § 128 Rn. 278 u. 281; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., Vor § 128 Rn. 23; Musielak/Musielak, ZPO, 12. Aufl., Einleitung, Rn. 63).
Eine geschützte Rechtsposition erlangt die beklagte Partei, wenn sie bereits zur Hauptsache mündlich verhandelt hat. Von diesem Zeitpunkt an kann die Klage nur noch mit ihrer Zustimmung zurückgenommen werden (§ 269 Abs. 1 ZPO). Der Kläger hat es also nicht mehr allein in der Hand, eine Entscheidung des Gerichts durch eine Klagerücknahme zu vermeiden. Diese Rechtsposition des Beklagten muss auch zum Tragen kommen, wenn dem Kläger die Prozessführungsbefugnis mittels Widerrufs seiner Prozessführungsermächtigung durch den Rechtsinhaber entzogen wird. Denn der Widerruf wirkte für die beklagte Partei wie eine Klagerücknahme, wenn er ohne weiteres zur Unzulässigkeit der Klage führte. Durch einen willentlichen, der Sphäre des Klägers zuzurechnenden Akt wäre einer Entscheidung des Gerichts in der Sache der Boden entzogen, eine erneute Klage aber jederzeit möglich. Dies muss ein Beklagter, der bereits zur Hauptsache mündlich verhandelt hat, nach dem Rechtsgedanken des § 269 Abs. 1 ZPO nicht hinnehmen. Stimmt er einer Abweisung der Klage als unzulässig nicht zu, ist die Ermächtigung des Klägers, auch wenn sie materiell-rechtlich wirksam widerrufen wurde, mit Rücksicht auf den Vorrang des Prozessrechts in diesem Bereich (vgl. § 51 ZPO) als fortbestehend anzusehen und der Rechtsstreit - vorbehaltlich eines Eintritts des Rechtsinhabers in den Prozess nach den Regeln über den Parteiwechsel (vgl. zu dieser Möglichkeit BGH, Urteil vom 7. Juli 1993 - IV ZR 190/92 , BGHZ 123, 132 ) - mit dem Prozessstandschafter fortzusetzen. Soweit sich aus dem Senatsurteil vom 12. Juli 1985 (V ZR 56/84, NJW-RR 1986, 158) etwas anderes ergibt, wird daran nicht festgehalten.
(b) Ist der Widerruf vor der Einlassung des Beklagten zur Hauptsache erfolgt, sind schutzwürdige Belange der Gegenseite des Prozessstandschafters nicht berührt. Es besteht daher kein Grund, dem materiell-rechtlich wirksamen Widerruf der Ermächtigung eine prozessrechtliche Wirkung zu versagen. Dieser entzieht vielmehr dem Kläger die Prozessführungsbefugnis mit der Folge, dass die Klage als unzulässig abzuweisen ist. Unberührt bleibt auch in diesem Fall die Möglichkeit, dass der Rechtsinhaber anstelle des Ermächtigten nach den Regeln über den Parteiwechsel (§ 263 ZPO) in den Prozess eintritt (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1993 - IV ZR 190/92 , aaO). Eine entsprechende Anwendung der §§ 239 ff. ZPO kommt dagegen wegen der fehlenden Vergleichbarkeit der Rechtsstellung des gewillkürten Prozessstandschafters mit der des materiellen Rechtsinhabers nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1993 - IV ZR 190/92, aaO S. 135; a.A. Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 485 f.).
Die in der Literatur (vgl. Stein/Jonas/Bork, ZPO, 23. Aufl., Vor § 50 Rn. 62; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., Vor § 50 Rn. 45) für die Annahme einer trotz Widerrufs der Ermächtigung fortbestehenden Prozessführungsbefugnis herangezogenen prozessualen Vorschriften stehen diesem Ergebnis nicht entgegen. Aus § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO lässt sich der Fortbestand der Prozessführungsbefugnis trotz Widerrufs der Ermächtigung weder unmittelbar noch aufgrund einer entsprechenden Anwendung herleiten. Nach dieser Bestimmung hat die Veräußerung der im Streit befangenen Sache oder die Abtretung des geltend gemachten Anspruchs auf den Prozess keinen Einfluss. Dies bedeutet, dass bei einer Rechtsnachfolge auf Klägerseite grundsätzlich der bisherige Kläger den Prozess für den Rechtsnachfolger in gesetzlicher Prozessstandschaft fortführt (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 265, Rn. 1, 6 mwN). Hiermit ist der nachträgliche Wegfall der Voraussetzungen für eine gewillkürte Prozessstandschaft nicht vergleichbar, weil das materielle Recht, um das es im Prozess geht, bei einer Prozessstandschaft nicht übertragen wird. Es steht vielmehr schon während der Dauer der Prozessstandschaft ebenso wie nach deren Ende unverändert dem Rechtsinhaber zu (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1993 - IV ZR 190/92, BGHZ 123, 132, 135 f.). Der in § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO im Zusammenhang mit der Zuständigkeit des Prozessgerichts statuierte Grundsatz der perpetuatio fori regelt einen speziellen Fall, der dem nach Klageerhebung erklärten Widerruf einer Prozessführungsermächtigung ebenfalls nicht gleichgestellt werden kann.
cc) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Berufungsgericht die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Der Widerruf der Prozessführungsermächtigung durch den Nebenintervenienten vom 23. August 2013 war nach § 183 Satz 1 BGB noch möglich, weil zu diesem Zeitpunkt die (erneute) Verhandlung vor dem Berufungsgericht ausstand. Anhaltspunkte dafür, dass die Ermächtigung unwiderruflich sein sollte, ergeben sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht und werden auch von der Revision nicht aufgezeigt. Da die Beklagte im Zeitpunkt des Widerrufs der Prozessführungsermächtigung durch den Nebenintervenienten bereits zur Hauptsache mündlich verhandelt hatte, durfte die Klage zwar nur mit ihrer Zustimmung als unzulässig abgewiesen werden. Diese liegt aber vor, denn die Beklagte hat ausdrücklich beantragt, die Klage als unzulässig abzuweisen.
III. Der Senat kann die Revision des Klägers zurückweisen, ohne die Sache dem Großen Senat für Zivilsachen gem. § 132 Abs. 2 GVG vorzulegen. Soweit der IV. Zivilsenat in dem Urteil vom 7. Juli 1993 (IV ZR 190/92, BGHZ 123, 132, 135) unter Hinweis auf die frühere Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 12. Juli 1985 - V ZR 56/84, NJW-RR 1986, 158) eine Ermächtigung als jederzeit widerruflich angesehen hat, beruht die Entscheidung hierauf nicht. Ein Widerruf der Ermächtigung war in dem dortigen Fall tatsächlich nicht erfolgt, hätte nach der hypothetischen Überlegung des IV. Zivilsenats lediglich jederzeit erfolgen können. Auch in dem Urteil des VII. Zivilsenats vom 22. Dezember 1989 (VII ZR 129/88, NJW 1989, 1932 f.) fehlte es an einem Widerruf der Ermächtigung. Soweit der VI. Zivilsenat in seinem Urteil vom 19. September 1995 (VI ZR 166/94, NJW 1995, 3186, 3187) die Auffassung vertreten hat, der Widerruf einer rechtswirksam erteilten Ermächtigung wirke sich auf ihren Fortbestand nicht aus, beruht die Entscheidung hierauf nicht, weil in dem zugrunde liegenden Fall dem Widerruf eine erneute Ermächtigung nachgefolgt war. Schließlich weicht der Senat auch nicht von dem Beschluss des VIII. Zivilsenats vom 11. März 2014 (VIII ZR 31/14, NJW 2014, 1970 Rn. 8 [BGH 11.03.2014 - VIII ZR 31/13]) ab. In der dortigen Entscheidung wird der Widerruf einer Prozessführungsermächtigung unter Hinweis auf die oben zitierten Entscheidungen des Senats und des IV. Zivilsenats als grundsätzlich zulässig angesehen. In dem Beschluss des VIII. Zivilsenats stand aber ein Widerruf bereits vor Erhebung der Klage in Rede, der auch nach Auffassung des Senats unabhängig von einer Zustimmung des Beklagten zu dem Widerruf zur Unzulässigkeit der Klage führt.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.