LG Hamburg, Beschl. v. 18.11.2015, 326 T 109/15
Leitsatz:
1. Das Insolvenzgericht kann einen Insolvenzplan gem. § 231 I Nr.1 InsO zurückweisen, wenn die in einem Insolvenzplan vorgesehenen Drittmittel (§ 230 III InsO) gem. einzureichender Erklärung des Dritten nicht frei verfügbar und bestandssicher zur Verfügung stehen.
2. Das Insolvenzgericht kann einen Insolvenzplan gem. § 231 I Nr. 2 InsO zurückweisen, wenn die in diesem Rahmen zu überprüfende Vergleichsrechnung zeigt, dass der im Planverfahren Restschuldbefreiung gem. § 227 I InsO erstrebende Schuldner für die fiktive Restlaufzeit des Gesamtverfahrens in die Plansummenbemessung keine angemessene Gehaltssteigerung einkalkuliert hat.
Sachverhalt:
Die Schuldnerin stellte mit Schreiben vom 3.3.2014 Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung. Am 22.4.2014 eröffnete das AG das Insolvenzverfahren und ernannte die weitere Bet. zur Treuhänderin. Am 19.8.2015 ging beim AG der Insolvenzplan vom 18.5.2015 ein. Zunächst wurde die Schuldnerin aufgefordert, die Dritterklärung im Original einzureichen, was in der Folgezeit geschah. Mit Verfügung vom 16.9.2015 wurde die Schuldnerin vom Insolvenzgericht darauf hingewiesen, dass die Klausel auf S. 7 drittletzter Absatz nicht den Anforderungen entspräche. Mit weiterer Verfügung vom 23.9.2015 wurde der Schuldnerin die Stellungnahme der Treuhänderin übermittelt mit der Auflage, die Verfügbarkeit der Drittzahlung binnen zwei Wochen nachzuweisen. Mit Schreiben vom 5.10.2015 legte der Verfahrensbevollmächtigte einen nachgebesserten Insolvenzplan vom 29.9.2015 vor und kündigte an, den Nachweis über die Drittmittel nachzureichen. Mit Beschluss vom 7.10.2015 hat das AG den Insolvenzplan der Schuldnerin vom 29.9.2015 gem. § 231 I Nrn. 1 und 2 InsO zurückgewiesen.
Am 13.10.2015 ging beim AG der Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin vom 8.10.2015 ein, mit dem eine Kontoübersicht der Drittmittelgeberin vorgelegt wurde. Unter dem 26.10.2010 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Schuldnerin sofortige Beschwerde eingelegt. Das Insolvenzgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen in dem Beschluss vom 28.10.2015 und die Sache dem LG zur Entscheidung vorgelegt. Die Beschwerde der Schuldnerin hatte keinen Erfolg.
Gründe:
II. Die zulässige Beschwerde der Schuldnerin ist in der Sache ohne Erfolg.
Das Insolvenzgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den insolvenzplan vom 29.9.2015 gem. § 231 I Nrn. 1 und 2 InsO zurückgewiesen.
Auch unter Berücksichtigung der erst nach Ablauf der Stellungnahmefrist (12.10.2015) eingegangenen Kontoübersicht der Drittmittelgeberin hat die Schuldnerin die Zahlungsfähigkeit der Drittmittelgeberin nicht hinreichend nachgewiesen. Denn es wurde lediglich eine Kontoübersicht vorgelegt, die Konten der benannten Drittmittelgeberin gemeinsam mit einer weiteren Person (Ehemann?) betreffen. Es ist nicht ersichtlich, ob die Drittmittelgeberin überhaupt allein verfügungsbefugt ist oder ob die weitere Person einer entsprechenden Verfügung zustimmen würde. Ferner ist nicht ersichtlich, ob der Geldbetrag, der offensichtlich nicht von einem frei verfügbaren Girokonto genommen werden soll, überhaupt derzeit frei verfügbar ist. Es liegt somit ein Zurückweisungsgrund nach § 231 I Nr. 1 InsO vor, da die notwendigen Anlagen des Insolvenzplans gem. § 230 InsO nicht vollständig sind.
Darüber hinaus liegt auch der Zurückweisungsgrund nach § 231 I Nr. 2 InsO vor. Danach ist ein Insolvenzplan zurückzuweisen, wenn dieser offensichtlich keine Aussicht auf Annahme durch die Bet. oder auf Bestätigung durch das Gericht hat. Zwar ist der Schuldnerin insoweit zuzustimmen, dass die Zurückweisung nur bei einem evidenten Vorliegen der Voraussetzungen geboten ist (vgl. Andres/Leithaus, InsO, 3. Aufl. 2014, § 231 Rn. 7; HmbKomm-InsO/Thies, 5. Aufl. 2015, § 231 Rn. 18).
Das AG ist hier jedoch in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass hier ein derart eindeutiger Fall vorliegt. Denn zu Recht stellt das AG darauf ab, dass das Gericht auch im Rahmen des § 231 InsO eine Vergleichsrechnung vorzunehmen hat. Nur so kann das Ziel des § 231 InsO erreicht werden, nämlich eine weitere Beschäftigung aller Bet., einschließlich der Gläubiger und Gerichte, mit einem Plan, der absehbar nicht in Rechtskraft! erwachsen wird oder nicht vollstreckungsfähig wäre, zu vermeiden (Horstkotte, ZInsO 2014, 1297 [1299, 1306]).
In die Vergleichsrechnung waren hier die aktuellen Daten einzustellen und eine angemessene Prognose für die Zukunft vorzunehmen. Hierzu gehört eine angemessene Gehaltssteigerung, die das AG unter Berücksichtigung der konkreten Tätigkeit der Schuldnerin mit 2,5 Prozent berücksichtigen durfte. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des AG im Nichtabhilfebeschluss vom 28.10.2015 verwiesen. Auch fehlen nähere Erläuterungen zu den Unterhaltsverpflichtungen der Schuldnerin. Die ältere Tochter ist bereits 16 Jahre alt, so dass nicht zwangsläufig davon ausgegangen werden, dass diese bei der Berechnung des pfändungsfreien Betrags tatsächlich bis April 2010 zu berücksichtigen ist.
Nach alledem ist derzeit davon auszugehen, dass die Gläubiger durch den Insolvenzplan eine niedrigere Quote erhalten würden als bei einer fortlaufenden Einziehung der pfändbaren Arbeitsentgeltanteile.