Teilungsversteigerung: dürfen die übrigen Miterben vom ersteigernden Miterben Zahlung auf nicht valutierende Grundschulden verlangen?

(Beitrag zum Urteil des OLG Düsseldorf vom 18.04.2024 - 3 U 109/22)
Eine den Erbrechtler regelmäßig konfrontierende Konstellation birgt Potential für teure Fehler: Kläger und Beklagter sind Miterben. In den Nachlass gefallen ist eine Immobilie. Diese ist belastet mit einer Sicherungsgrundschuld über 52.000, - €, die nicht mehr valutiert. Dem Erblasser war bereits zu Lebzeiten eine Löschungsbewilligung erteilt worden, eine Löschung war aber nicht erfolgt. Die Grundschuld war also weder zur Eigentümergrundschuld geworden, noch war das Grundstück (durch Löschung) von ihr befreit worden.

Im Jahr 2019 betrieben die Erben die Teilungsversteigerung. Der Verkehrswert der Immobilie wurde auf 95.000, - € festgesetzt und war Bestandteil des geringsten Gebotes. Der Beklagte erhielt den Zuschlag für 95.000, - €. Nach Zuschlagerteilung ließ der Beklagte die Grundschuld löschen ( die Löschungsbewilligung hatte er in den Unterlagen des Erblassers gefunden). Die Kläger nahmen anschließend den Beklagten auf Zahlung von 52.000, - € an die Erbengemeinschaft in Anspruch.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hält das Klagebegehren für unbegründet. Es nimmt an, dass der Beklagte davon habe ausgehen dürfen, dass die Kläger mit der Löschung der Grundschuld einverstanden gewesen seien. Kernargument der Entscheidung ist, dass die Kläger verpflichtet gewesen seien, hätten sie die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld betrieben, die Grundschuld an den Beklagten zurückzugeben, weil die Grundschuld forderungslos war. Dieser Anspruch auf Rückgabe der Grundschuld hätte dann dem Beklagten allein zugestanden. Letztlich meint das Oberlandesgericht, dass diese Sichtweise “sachgerecht“ sei, weil der Ersteher den Zuschlag zum festgesetzten Verkehrswert erhalten habe. Diese Gerechtigkeitserwägungen sind das Problem der Entscheidung.

In der Teilungsversteigerung bleiben Grundschulden grundsätzlich bestehen. Sie sind vom Ersteher dinglich zu übernehmen und sollten daher von dem Betrag, den der Ersteher aufwenden möchte, bei der Abgabe von Geboten gedanklich abgezogen werden. Denn selbst wenn die Bank hinsichtlich der Zinsen eine Minderanmeldung vornehmen würde, bleibt der Nominalbetrag der Grundschuld bestehen und ist vom Ersteher (durch Zahlung) zu übernehmen.
Vorliegend versagt das Oberlandesgericht Düsseldorf den klagenden früheren Miteigentümern einen entsprechenden Zahlungsanspruch. Das Oberlandesgericht Hamm (MDR 2002, 1273) ist diesbezüglich anderer Auffassung. Die früheren Miteigentümer haben gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung des ihrem jeweiligen Erlösanteil entsprechenden Betrages des Kapitals der übernommenen Grundschuld in analoger Anwendung des § 50 Abs. 2 Nr. 1, 2. Fall ZVG. Denn die Grundschuld sei später durch Löschung weggefallen, ohne dass der Beklagte hierfür etwas aufwenden musste. Das Oberlandesgericht Hamm stützt sich dabei auf Rechtsprechung des Reichsgerichts und eine renommierte Literaturstimme.

Als Rechtsanwalt hat man den für den Mandanten sichersten Weg zu finden. Der Rechtsanwalt dürfte im Falle der Vertretung des Beklagten diesem nicht ohne Weiteres raten, darauf zu vertrauen, dass er später keine Zahlung an die früheren Miteigentümer zu erbringen habe. Ein sichererer Weg bestünde aus meiner Sicht darin, für den Mandanten abweichende Versteigerungsbedingungen zu beantragen, § 59 ZVG. Zwar kommt dieser Weg in der Praxis nur in Betracht, wenn alle Miteigentümer und die Bank zustimmen. Vorliegend hätte die Bank keine Veranlassung gehabt, ihre Zustimmung zu verweigern. Und aus dem Zustimmungsverhalten der übrigen Miteigentümer hätte man spätere Schwierigkeiten ableiten oder ausschließen können. Möglicherweise wird der zuständige Rechtspfleger das Grundstück mit und ohne die Abweichung ausbieten, § 59 Abs. 2 ZVG. Bietet der Mandant allein auf die Abweichung, ist er auf der sicheren Seite.