Pfändungsschutzkonto – in welcher Höhe und wie lange sind Gutschriften geschützt?

(Anmerkung zum Urteil des BGH v. 20.09.2022 – XI ZR 5/21)
Zum 01.12.2021 wurde das Recht der Kontopfändung in der Zivilprozessordnung reformiert. Im Falle gepfändeter Girokonten/Pfändungsschutzkonten haben Banken erfahrungsgemäß immer wieder Probleme damit gehabt, nach den gesetzlichen Regeln die Höhe der jeweils unpfändbaren Zuflüsse auf dem Girokonto des betroffenen Kunden und die Zuordnung zu den geschützten Zeiträumen richtig zu bestimmen bzw. vorzunehmen. Mit den Neuregelungen in §§ 850k, 899 ff. ZPO soll es einfacher werden.

Führt die Bank rechtswidrig Guthaben an den Pfändungsgläubiger ab, kann der betroffene Kunde gem. § 675u S. 2 BGB eine wertstellungsneutrale Gutschrift verlangen. Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang gem. § 676c Nr. 2 BGB, ob der an den Pfändungsgläubiger ausgekehrte Betrag von der Pfändung umfasst war. Auf das o. g. neue Recht ist abzustellen, wenn der Sachverhalt erst unter Geltung des neuen Rechts abgeschlossen wurde. Denn für das Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz gibt es keine Übergangsvorschriften.

Nach altem Recht konnte die Auszahlungssperre des § 835 Abs. 4 ZPO a. F. (aktuell enthalten in § 900 Abs. 1 S. 1 ZPO) gemäß § 850k Abs. 1 S. 2 ZPO dazu führen, dass der betreffende Zahlungseingang (das galt auch für einmalige Zahlungseingänge) i. S. v. § 850k Abs. 1 S. 1 ZPO a. F. bis zum Ende des übernächsten Monats nach Gutschrift geschützt war. Bezweckt war, dass sich das geschützte Guthaben auch aus Guthaben, das im Wege der Sperrfrist nach § 835 Abs. 4 ZPO a. F. nicht ausgezahlt werden durfte, ergeben konnte. Dieses Guthaben konnte gem. § 850k Abs. 1 S. 3 ZPO a. F. auch in den nächsten Monat übertragen werden, sodass im Ergebnis eine Übertragung in den übernächsten Monat nach Gutschrift möglich war. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs galt das jedoch nur insoweit, als dass die unter § 835 Abs. 4 ZPO a. F. fallende Gutschrift nicht durch für den laufenden Monat noch nicht aufgebrauchten Freibetrag gedeckt war. Dieser Freibetrag war zunächst zu verbrauchen.

Mit dem Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz wurde die Regelung des § 835 Abs. 4 ZPO a. F. aufgehoben und in die Vorschrift des § 900 Abs. 1 ZPO übernommen. Die Regelungen des § 850k Abs. 1 S. 1. 2 u. 4 ZPO a. F. wurden in die Vorschrift des § 899 ZPO übernommen.

Nach § 899 Abs. 2 ZPO bleibt nun nicht verbrauchter Freibetrag (Grundfreibetrag und Erhöhungsbeträge nach § 902 ZPO) in den drei folgenden Monaten erhalten. Verrechnet werden Gutschriften auf den jeweils ältesten Freibetrag. Für die zeitliche Abgrenzung ist auf das Wertstellungsdatum i. S. v. § 675t BGB abzustellen. Die Abhebung vom Bankautomaten am Monatsletzten ist Verfügung an diesem Tag, auch wenn die Belastungsbuchung erst am folgenden Tag erfolgt (BGH NJW 2018, 299 Rn. 21).

Das Moratorium des § 900 Abs. 1 ZPO begründet eine Leistungssperre für nicht in Anspruch genommenes Guthaben (das sind auch einmalige oder nicht regelmäßig wiederkehrende Zahlungseingänge). Dabei sind Auszahlungssperre (§ 900 ZPO) und Übertragungsfrist (§ 899 ZPO) unabhängig voneinander zu berechnen. Wie nach alter Rechtslage steht dem Schuldner Guthaben, das nach § 900 Abs. 1 S. 1 ZPO gesperrt ist, gemäß § 900 Abs. 2 ZPO im Folgemonat zusätzlich zum aktuellen Freibetrag zur Verfügung. Die Verweisung in § 900 Abs. 2 ZPO auf § 899 Abs. 1 S. 1 ZPO stellt klar, dass sich aus dem Moratorium ergebender zusätzlicher Freibetrag lediglich im auf die Gutschrift folgenden Monat zur Verfügung steht (Musielak/Voit/Lackmann, 20. Aufl., ZPO, § 900 Rn. 4). Eine Ansparmöglichkeit über drei Monate – wie gem. § 899 Abs. 2 ZPO - besteht für diese Beträge nicht.