Pflichten einer Bank in der Finanzierungsberatung zu einem “strukturierten Darlehen“

(Beitrag zum Urteil des BGH v. 19.12.2017, XI ZR 152/17)
Strukturierte Finanzprodukte bezeichnen eine spezielle Art von Schuldverschreibungen eines Emittenten (z.B. einer Bank) mit denen Anleger an der Kursentwicklung bestimmter Wertpapiere oder anderer Finanzinstrumente partizipieren. Dies erfolgt durch Koppelung an die Kursentwicklung eines Basiswertes, z.B. ein Bündel von Aktien oder auf einem bestimmten Aktienindex, Zinsen oder Immobilien oder auf der Kombination mehrerer Basiswerte.

Der Bundesgerichtshof hatte Fall eines sog. “CMS Spread Ladder Swap“ im Jahr 2011 zum ersten Mal einem Anleger gegen die beratende Deutsche Bank AG Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung zugesprochen. Konkret führte der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 22.03.2011 aus: „Die Aufklärung, die in ihrer Intensität von den Umständen des Einzelfalls abhängt, muss auch bei einem so hoch komplexen Produkt gewährleisten, dass der Kunde im Hinblick auf das Risiko des Geschäfts im Wesentlichen den gleichen Kenntnis- und Wissenstand hat wie die ihn beratende Bank, weil ihm nur so eine eigenverantwortliche Entscheidung darüber möglich ist, ob er die ihm angebotene Zinswette annehmen will”. Dies sollte sich auf die allgemeine Beratungspraxis der Banken zu strukturierten Eigen- und Fremdprodukten auswirken.

In einem Urteil vom 19.12.2017 hat sich der Bundesgerichtshof mit den Aufklärungspflichten einer Bank auseinandergesetzt, die ihrem Kunden den Abschluss eines im Hinblick auf die Zinsen wechselkursbasierten Darlehensvertrags empfohlen hat. Die Darlehensnehmerin, eine Gemeinde in Nordrhein-Westfalen, und die beklagte Bank schlossen im Juni 2007 zur Ablösung eines noch laufenden Darlehens einen Darlehensvertrag über etwas mehr als 3 Mio. € bei einer Laufzeit von 38 Jahren ab. In den ersten 20 Jahren sollte der Zinssatz 3,99% p.a. betragen, wenn der Wechselkurs des Euro zum Schweizer Franken (CHF) größer oder gleich 1,43 war. Sobald der Euro unter diese Grenze fiel, sollte der jährliche Zinssatz 3,99% zuzüglich der Hälfte der Wechselkursänderung zu 1,43 betragen, wobei sich nach den vertraglichen Vereinbarungen die "Wechselkursänderung, dargestellt in Prozent, … aus der Division des Referenzwechselkurses von 1,43 CHF für 1 € und dem am Feststellungstag veröffentlichten Wechselkurs des Euro in Schweizer Franken, minus 1" errechnen sollte. Die Beklagte wies die Darlehensnehmerin in den Beratungsgesprächen u.a. darauf hin, dass die Schweizerische Nationalbank bei einer Aufwertung des Schweizer Franken eine Nullzinspolitik verfolge und die Schwelle von 1 € zu 1,45 CHF deren Interventionspunkt sei. In der Folgezeit wertete der Schweizer Franken soweit auf, so dass die von der Darlehensnehmerin zu zahlenden Zinsen zuletzt 18,99% p.a. betrugen.

Der Bundesgerichtshof hat zunächst festgestellt, dass der Darlehensvertrag nicht nach § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig sei. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses lag der vertragliche Zinssatz unterhalb des Marktzinses; bei anderer Entwicklung des Wechselkurses hätte sich die Klägerin damit besser gestellt als bei Fortführung des umgeschuldeten Darlehens.

Aber eine zum Schadensersatz verpflichtende Aufklärungspflichtverletzung der Bank liege vor. Es sei ein Finanzierungsberatungsvertrag zustande gekommenen und die Bank sei zur Aufklärung über die spezifischen Nachteile und Risiken und die vertragsspezifischen Besonderheiten der empfohlenen Finanzierungsform verpflichtet gewesen. Die Bank habe insbesondere weder auf das Fehlen einer Zinsobergrenze ausdrücklich hingewiesen noch im Hinblick auf die lange Laufzeit des Darlehens die zinsrelevanten Folgen einer nicht nur unerheblichen Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro ausreichend deutlich beschrieben. Vielmehr sei das Wechselkursrisiko sogar verharmlost worden.

Schließlich weist der Bundesgerichtshof darauf hin, dass die vorliegende Aufklärungspflichtverletzung grundsätzlich nicht eine Rückabwicklung des Darlehensvertrages rechtfertige. Es sei (lediglich) auf einen Anspruch auf Ersatz der durch die gewählte Finanzierung entstandenen Mehrkosten zu erkennen.
(das Urteil liegt noch nicht in Textform vor)